DIE SCHÖNSTEN MÄRCHEN, SAGEN & LEGENDEN
ENTLANG DER CHIEMGAUER MÄRCHENSTRASSE:
Die Sage vom zornigen "Chiemsee-Riesen"
Nach einer uralten Legende lebten vor Tausenden von Jahren zwei mächtige Riesen in den bayerischen Alpen. Der eine, der "Chiemseeriese", geriet in einen heftigen Streit mit einem Rivalen. Im Zorn schlug er dabei mit seiner riesigen Faust auf die Erde ein, sodass eine tiefe Mulde entstand. In diese mächtige Vertiefung floss im Laufe einiger Jahrzehnte so viel Wasser nach, dass irgendwann ein riesiger See entstanden ist - der Chiemsee.
Der Riese soll seine Tat später bereut haben, denn schon bald danach zog er sich wieder in die Berge zurück. Diese Geschichte wird oft mit der eiszeitlichen Entstehung des Sees verknüpft, der tatsächlich vor etwa 10.000 Jahren durch gewaltige Gletscher entstand und in seiner ursprünglichen Form dreimal so groß war wie heute.
Die Legende vom „diebischen Salzmandl“
Früher brachten die Samer das Salz von Reichenhall auf der Salzstraße nach Rosenheim, wo es dann auf die Innschiffe verladen wurde. Die Fuhrleute blieben über Nacht da und zogen erst am anderen Tag wieder weiter. Zu dieser Zeit wohnte in Rosenheim ein armer Mann mit seiner Familie. Er wartete bis sich die Fuhrleute der Salzgespanne zum Schlafen legten, um sich dann einen der Säcke zu holen, die prall gefüllt waren mit dem damals so wertvollen Salz. Am nächsten Tag verkaufte er es für eine stattliche Summe, damit er seine Familie wieder versorgen konnte. So trieb er es ein paar Monate lang. Eines Nachts aber, als er gerade müde heimkam, hörte er eine Stimme, die zu ihm sagte: "Wenn du noch ein Körnchen Salz stiehlst, wirst du zu Stein erstarren!" Zunächst erschrak der Mann, aber am anderen Tag hatte er die Drohung schon wieder vergessen. Also versuchte er auch in der nächsten Nacht abermals sein Glück. Als er aber den ersten Sack von seinem Fuhrwerk hob, wurde die Warnung wahr, und der Dieb erstarrte augenblicklich zu Stein. Und in Stein gemeißelt steht er bis heute noch an der Innbrücke bei Reichenhall.
Die Sage von der "Schlangenkönigin von Finsterleiten"
Vor langer Zeit kam einmal ein Ritter nach Finsterleiten (bei Rimsting.) Da er sehr müde war nach einem langen Ritt ruhte er sich auf einer Wiese im Wald aus und ließ sein Pferd weiden. Da ihm in seiner schweren Eisenrüstung gar warm geworden war wischte er sich mit einem weißen Tüchlein den Schweiß von der Stirn. Müde legte er sich auf den Rasen und schlief ein. Das weiße Tuch war seinen Händen entfallen und hatte sich an einer sonnigen Stelle ausgebreitet. Durch ein Rascheln im Gras wurde der Ritter geweckt und so entdeckte er auf einer sonnenbeschienen Fläche des Waldbodens einige Dutzend Schlangen. In deren Mitte befand sich eine größere Schlange mit einer Krone auf dem Kopf, was den Ritter neugierig machte. Noch mehr wurde er aber überrascht, als er auf seinem weißen Tüchlein ein kleines goldenes Krönchen entdeckte. Er betrachtete diesen Schatz neugierig und in ihm erwachte das Verlangen, dieses Kleinod in seinen Besitz zu nehmen. Doch kaum hatte er sich der kleinen Krone bemächtigt stürzte sich die Schlangenkönigin mit ihrem Gefolge auf den Ritter. Dieser sprang auf sein Pferd und wollte fliehen. Aber schon wickelten sich die Schlangen um die Beine des Pferdes. Vergebens versucht der Ritter der giftigen Übermacht zu entkommen. Doch immer mehr Schlangen bedrängten Ross und Reiter. Es gab keine Hilfe mehr und die Schlangenkönigin mit ihren Gefährten töteten den Ritter und sein Pferd. Aber auch die Schlangen flohen von dieser Stätte. Seitdem gibt es in Finsterleiten keine Schlangen mehr.
Die Legende von der „sündigen Insel“ im Chiemsee
Nach der Legende befand sich auf einer Krautinsel im Chiemsee einst ein Kloster, in dem Mönche und Nonnen gegen ihre Gelübde verstießen. Als Strafe für den Bruch des heiligen Gelübdes wurden die Schuldigen für alle Zeiten auf den Seegrund verbannt.
Das Krötenwunder vom Audorfer Berg
Ein Bauer droben auf dem Kleinen Audorfer Berg hatte in seinem Haus eine Kröte, im Volksmund Heppei genannt. Sie war besonders groß und dick, mit vielen Warzen bedeckt und abscheulich anzuschauen. Den ganzen Tag hockte sie unter der Stiege zum Oberstock in einen finsteren Winkel hingeduckt, so daß sie kaum jemand sah, der ihr Versteck nicht wußte. Aber nachts kam das Heppei hervorgehüpft, und dann sprang es plump mit platsch-platsch durchs ganze Haus, ja sogar in der Schlafkammer hörten die Bauersleute die Kröte auf dem Fußboden herumtapsen. Doch keiner im Haus fühlte sich von dem häßlichen Tier gestört, niemand tat ihm was zuleide.
Einmal wurden die Bäuerin und ihre beiden Kinder schwer krank. Kein Doktor vermochte die vielen eiternden Wunden zu heilen, von denen ihre Körper immer mehr befallen wurden. Auch die mancherlei Salben und Krauter brachten keine Linderung, die der Bauer für viele Gulden und Kreuzer von heilkundigen Almerern und Sennerinnen gekauft hatte. So lagen die Ärmsten in ihrer Kammer und warteten aufs Sterben. Die Sorgen um die Seinen ließen den Bauern keinen Augenblick los, so daß er auch seine Arbeit nicht mehr so verrichtete, wie es eigentlich hätte sein sollen und wie er es früher getan hatte. Während er grübelte, wie er denn doch Abhilfe schaffen könnte, ging es mit dem Hof zusehends bergab.
Eines Tages kam er auf den Gedanken, das Heppei könnte an all dem Elend schuld sein. Viele der Nachbarn hatten ihn schon ausgelacht und auch gewarnt wegen seines seltsamen Hausgenossen. Je länger er darüber nachdachte, um so sicherer schien es ihm, das Unglück müsse von dieser greulichen Kröte ausgehen. Und so war er schnell entschlossen, das Tier umzubringen, das sowieso viele für widerlich hielten.
Sofort wollte er sein Vorhaben in die Tat umsetzen. Er holte einen Besen aus der Besenkammer und fing an, das ganze Haus auszukehren. Unter der Stiege endlich fand er das Heppei hocken. Er scheuchte es auf und jagte es zur Haustüre hinaus, die er vorher schon weit aufgerissen hatte. Am Türpfosten hatte er griffbereit einen dicken Prügel angelehnt. Mit diesem wollte er es auf dem Misthaufen vor dem Haus erschlagen. Das Heppei hopste tatsächlich zur Tür hinaus und schon packte der Bauer den Knüppel und holte damit zu einem gewaltigen Schlag aus. Da hob das Tierchen die beiden Vorderbeinchen hoch. Wie bittend hockte es da und schaute den Bauern mit seinen Glotzaugen gar herzzerreißend an. Da konnte der Mann den Schlag nicht tun, und er ließ den Arm mit dem Prügel sinken. Sogleich öffnete die Kröte ihr breites Froschmaul, und quakend kamen die Worte aus ihrem Hals: "Laß mich am Leben! Ich will dir dann auch helfen!" Da bückte sich der Bauer zum Heppei hinab und mit seinen schweren Händen hob er es vorsichtig auf. Er trug es ins Haus und setzte es unter der Stiege ab.
Nicht lange danach, da schlüpfte die Kröte zu den fiebernden Kranken in ihre Kammer. Sie sprang auf die Betten und leckte die Geschwüre der leise Stöhnenden. Dann platschte sie wieder auf den Flur hinaus und zog sich unter die Stiege zurück. Wenige Tage darauf begannen die schlimmen Wunden der Kranken zu heilen, das Fieber ging zurück und bei den Patienten stellte sich allmählich wieder der Appetit ein. In ein paar Wochen waren die Bäuerin und ihre Kinder ganz gesund.
Noch viele Jahre lebte das Heppei in dem Bauernhaus unter der Stiege. Die Leute auf dem Hof hegten und pflegten es, bis es eines Morgens an Altersschwäche gestorben reglos in seiner Ecke lag. Der Bauer begrub es draußen im Obstgarten unter einem Birnbaum, und seine Frau und die beiden Söhne standen traurig dabei und gedachten der Hilfe, die ihnen das gute Tierchen hatte angedeihen lassen. Als sie schließlich, in solche Gedanken versunken, ins Haus zurückgingen, da hüpfte ein neues, kleines Heppei vor ihnen schnell ins Haus hinein.
Der Hof mit seinen Feldern und Tieren kam rasch wieder in Ordnung und die Tiere im Stall wurden nie mehr von einer Krankheit befallen. Zwar wurde der Bergbauer nicht reich, aber er und die Seinen lebten fortan ohne Sorgen und das Glück wich nie mehr aus seinem Haus.